Odyssee durch die Großstadt...
In den Straßen von Berlin vollzieht sich eine tagelange Odyssee der beiden Brüder Jack und Manuel - die beiden sind auf der Suche nach Ihrer Mutter. "Jack" heißt der Film des Regisseurs Edward Berger, der bereits viel fürs Fernsehen drehte und nun mit seinem tragischen Roadmovie 2015 den deutschen Filmpreis in Silber bekam. Ausserdem lief "Jack" erfolgreich bei der 64sten Berlinale im Februar 2014.
Bergers Film steht dabei in der Tradition von Filmklassiker wie Truffauts "Sie küßten und sie schlugen ihn" oder "Taschengeld". Er erinnert aber auch an neuere Filme wie "Der Junge mit dem Fahrrad" der Gebrüder Dardenne. Und Bergers Film kann sich trotz dieser alten und neuen Klassiker durchaus sehen lassen. Die Kamera von Jens Harrant ist immer sehr dicht bei den Akteuren und verfolgt dabei vor allem die verzweifelten Aktionen des 10jährigen Jack.
Zur Handlung: Die junge Mutter Sanna (Luise Heye) ist mit ihren beiden Söhnen Jack (Ivo Piettzcker) und Manuel (Georg Arms) - beide von verschiedenen Vätern - hoffnungslos überfordert. Dabei begegnet die junge Frau ihren Kindern durchaus liebevoll, aber sie zeigt wenig Verantwortung und so muss der ältere Jack für sein Alter ganz schön viel Verantwortung in dem Drei-Personen-Haushalt übernehmen. Mama arbeitet und Mama sucht auch gelegentlich ihr privates Vergnügen, auch übernachten öfters mal fremde Männer in der Wohnung. Für jack nichts Neues...eines Tages passiert Jack etwas Schlimmes. Sein Bruder Manuel verbrüht sich stark im zu heißen Badewasser, das er für ihn eingefüllt hat. Deshalb entscheidet das Jugendamt, dass Jack in ein Kinderheim soll. Dort ist er immer wieder das Opfer des größeren Danilo (Antony Arnolds). Als dieser ihn fast ertränkt und das Fernglas, dass Jack von einem anderen Jungen ausgeliehen bekam ins Wasser wirft, wehrt er sich und schlägt seinen Peiniger mit einem Baumast bewusstlos. Daraufhin flieht er und klingelt bei der Mutter, die nicht Zuhause ist. Von einer Freundin der Mutter erfährt er, dass Sanna schon einige Tage fort ist. Die Freundin ist verärgert, weil sie momentan auf den kleinen Manuel aufpassen muss. Jack nimmt Manuel mit und beide Kinder versuchen tagelang ihre verschwundene Mutter in Berlin zu finden....
Dabei übernachten die Kinder in Parks und in einer Tiefgarage. Flüchten vor der Polizei und treffen auf Erwachsene - manche helfen ihnen ein bisschen weiter und manche bleiben gleichgültig. Die Bilder der Kinder, die verloren durch die Metropole wandern, sind sehr bedrückend. Der Hunger plagt sie und sie leiden darunter ohne Mutter zu sein. Dabei wird dem Zuschauer auch klar, dass die Mutter beim Jugendamt nicht die Wahrheit erzählte über den mit dem größeren Kind eingespielten Alltag, in dem der Junge den Hauptpart übernimmt, dass Sanna auch ihrem privaten Vergnügen nachgehen kann. Denn sonst hätte das Jugendamt kaum entschieden Jack in ein Heim zu stecken und den kleinen Manuel bei der ohne Hilfe von Jack noch wesentlich mehr überforderten Mutter zu lassen. Was sich letztlich auch als richtig erweist. Wegen einem neuen Lover gibt Sanna mal spontan den kleinen Manuel bei ihrer Freudin ab und sagt Jack ab, der sich schon darauf freute, weil die Mama fest versprochen hat, dass er ein paar Tage nach Hause darf.
Erst aus dieser verzweifelten Lage entsteht die Odyssee durch Berlin. Somit ist "Jack" auch ein zweiter guter Berlin Film nach "Victoria", der bei der Vergabe des deutschen Filmpreises erfolgreich war. Inmitten der Geschichte wird auch der Panoramablick auf Deutschlands Hauptstadt sichtbar, auf Boulevards und Supermärkte, auf Nachtclubs, Bars und Parks. Aber auch abseits des pulsierenden Lebens führt uns die Odyssee - in Hinterhöfe und Garagen. Natürlich ist gerade die Figur der Mutter irgendwie klischeebeladen - alleinstehend, Kinder von mehreren Männern, hockt in der Nacht in Bars und reisst Typen auf - aber ich denke diese Klischees sind auch oft Realität, sonst gebe es nicht so viele Kinder, die von ihren Eltern vernachlässigt werden. Der Zuschauer sieht die beiden Jungs und kann es nicht verstehen, dass Eltern so wenig Verantwortung für ihre Kinder aufbringen und sie vernachlässigen. Man merkt die Liebe dieser beiden Jungs zu ihrer Mutter, die ihren Ältesten (10 Jahre alt) bereits zur Vaterfigur des kleineren Manuel getrimmt hat. In hektisch-routinierten Alltagsbewegungen eines Erwachsenen übernimmt er den Part der Eltern. Er hängt die trockene Wäsche ab, richtet für sich und seinen kleinen Bruder das Frühstück und startet selbständig in den neuen Tag.
Bewertung: 7 von 10 Punkten.
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