Regie: John Cameron Mitchell
I wanna be a Part of it, New York, New York...
"Shortbus" - so heißt der Film des schwulen Regisseurs John Cameron
Mitchell und genauo heißt der im Film gezeigte Club der einsamen Herzen in New
York, eine Mischung aus Swingerclub und Variete. Der Film ist nicht jedermanns
Sache, denn man könnte ihn als Pornofilm mit Tiefgang bezeichnen und irgendwie
erinnern die Figuren im Film etwas neurotisch wie aus einem Woody Allen Film
entsprungen, nur mit dem Unterschied, dass man den Protagonisten dabei zuschaut,
wenn sie Sex haben. Die Kamera fliegt gleich zu Beginn des Films von der
Freiheitsstatue beginnend in ein animiertes Panorama der Stadt und sie führt uns
dann hinein zum Fenster in die Wohnungen der Darsteller. Da wären Jamie (PJ
DeBoy) und James (Paul Dawson), die seit 5 Jahren zusammen sind. Aber die
Beziehung steckt voll in der Krise. Jamie ist extrem depressiv,
nimmt Medikamente gegen die Krankheit und James dominiert das Geschehen. James
hat aber enorme Angst, dass Jamies Gefühle schwächer geworden sind. Sie
beschließen professionelle Hilfe zu holen. Doch die erfolgreiche Paartherapeutin
Sofia (Sook Yin-Lee) hat selbst gewaltige Sexprobleme - sie hatte noch nie
einen Orgasmus und spielt regelmäßig ihrem Mann Rob (Raphael Barker) einen
Höhepunkt vor. Jamie und James laden die Frau deshalb in den "Short Bus" ein,
der von Dragqueen Justin Bond (Spielt sich selbst) geleitet wird. Dort lernen
die beiden Freunde das hübsche Model Ceth (Jay Brannan) und man beschließt einen
flotten Dreier zu wagen. Auch der alte Exbürgermeister von New York zählt zu den
Gästen, Sofia lernt Severin (Lindsay Beamish) kennen, die als sadistische Domina
für ihren Lebensunterhalt sorgt. Die beiden ungleichen Frauen freunden sich an
und entdecken auch Gemeinsamkeiten. Ungeachtet dessen wird das schwule Paar
schon seit Jahren vom Nachbar aus dem Nebenhaus beobachtet. Caleb (Peter
Stickles) heißt der Spanner und auch er wird noch seinen großen Auftritt
haben...
Inzwischen hat John Cameron Mitchell seinen ersten oscarnominierten und
starbesetzten Film mit "Rabbit Hole" gedreht - "Shortbus" dagegen ist ein Film
mit Laiendarstellern, die sich alle vorher durch viele Workshops zu diesem Film
kennengelernt haben.
Natürlich erregte solch ein Film vor allem in den USA großes Aufsehen,
die für den Regisseur ein dramaturgisches Mittel waren - gleich der Musik in
einem Musical - um Gefühle auszudrücken. Solche expliziten Szenen sieht man
natürlich nicht alle Tage, ein bisschen wurde ich an "Intimicy" erinnert, jenem
französischen Skandalfilm von Patrice Chereau, der 2001 in Berlin den Goldenen
Bären gewann. Möglich, dass die Europäer weniger prüde reagieren, so waren auch
die Kritiken zu "Shortbus" viel besser als im Heimatland. "Shortbus" handelt
von den individuellen Problemen von Außenseitern. Die Figuren werden sehr
sensibel dargestellt, wodurch der visuell drastische, mit expliziten Sexszenen
operierende Film auf glaubhafte Weise sexuelle Blockaden als ein Symptom für die
immer gesund agierende Psyche zeigt. Mir hat der Film sehr imponiert, er ist
auch ein sehr stimmungsvoller, etwas anderer New York Film.
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