Regie: Uli Edel
Drogen, Sex, Schmutz, Elend...
In Hubert Selbys Roman "Letzte Ausfahrt Brooklyn", der 1964
entstand, wird ein schonungloses Bild des New Yorker Stadtteils Brooklyn
in den 50er Jahren und einigen seiner Bewohner gezeigt. In dem Skandalroman geht es um
einen harten, kompromisslosen Blick auf die niedrige Klasse mit
Tabuthemen wie Drogenkonsum, Gewalt in der Straßen, Vergewaltigung,
Homosexualität oder Transvestismus. 1989 folgte dank Produzent Bernd
Eichinger die Verfilmung der episodenhaften Geschichte. Hier wird eine
Bande von jungen Ganoven gezeigt, die sich gemeinsam mit der
Prostituierten Tralala (Jennifer Jason Leigh) darauf spezialisieren,
dass sie US-Armee-Soldaten berauben. Zu diesem Zweck lockt das Mädchen
die sexgeilen Soldaten in einen Hinterhalt, während die dann glauben,
dass ein Liebesspiel folgt, haben sie schon von hinten eine Flasche über
den Schädel bekommen. In den nächtlichen Straßen treibt sich auch der
Transvestit Georgette (Alexis Arquette) herum, immer auf der Suche nach
Liebe und Geborgenheit, vielleicht bei Vinnie (Peter Dobson), Boss der
Gang. Vom eigenen Bruder verachtet, feiert Georgette Partys mit
Gleichgesinnten. Der Zufall will es, dass dort auch Harry Black (Stephen
Lang) , Mitarbeiter der lokalen Gewerkschaft, auftaucht. Der Mann hat
Familie und gehört momentan zu den Streikenden, die für mehr Lohn in der
Fabrik kämpfen. Mit seinen Spesengeldern geht der naive Harry recht
locker um und hat auch Kontakt zu der Straßengang. Er geht sogar eine
heimliche Affäre mit der Drag Queen Regina (Bernard Zette) ein. Tralala
versucht auch ihr Glück und landet beim jungen Soldaten Steve (Frank
Military), der es ehrlich mit ihr zu meinen scheint. Für einige Stunden
erleben die beiden ein bisschen Glück, doch Korea wartet auf den
Lieutenant. Und der findet auch in Brooklyn statt. Immerhin geschieht
dort aber auch alltägliches wie eine Schwangerschaft und Big Joe (Burt
Young), der Vater der Braut ist sehr neugierig zu erfahren, welcher
Mistkerl seine Kleine geschwängert hat...
So eigenwillig
wie der Roman präsentiert sich auch Uli Edels Film, der mit einem
beinahe schon künstlichen Stil Zeit und Ort auferstehen lässt. Dabei
wirkt das Szenenbild tatsächlich wie ein 50er Jahre Film, die
Ausstattung ist perfekt gestaltet. Man erinnert sich etwas an die
Atmosphäre der "West Side Story", wird aber sehr schnell auf den Boden
der Tatsachen heruntergeholt. Hier in dieser Ecke der Welt, in einem
Stadtteil einer Metropole, ereignen sich menschliche Schicksale und so
schnell sie sichtbar werden, so schnell verschwinden sie wieder als eine
weitere, beinahe unbedeutende Episode des Daseins. Dies verleiht dem
Film eine Stärke, dennoch behält man als Zuschauer das unangenehme,
beklemmende Element. Horrormässig läuft dann als Höhepunkt sozusagen die
Massenvergewaltigung der Dirne ab, die noch einige Stunden zuvor ein
bisschen vom echten Glück abbekommen konnte, denn sie wurde in einem
Moment geliebt und begehrt. Ansonsten herrscht Brutalität und Grausamkeit im Umgang miteinander vor.
Neben diesem Wahnsinn läuft auch noch der große Fabrikstreik zeitgleich.
Der Film ist umstritten und wird nicht uneingeschränkt geliebt: Kein
Wunder, denn "Letzte Ausfahrt Brooklyn" ist kein Wohlfühlfilm und bietet
keine einzige Figur an, mit der man sich identifizieren wollte. Es sind
Figuren mit großen menschlichen Schwächen, die sich in ihrer Umgebung
gehen und unterkriegen lassen. Ein sehr unangenehmer amerikanischer
Alptraum wird hier gezeigt. 1990 gabs aber beim deutschen Filmpreis eine
positive Überraschung, denn der gallige Film erhielt den Hauptpreis als
bester Film.
Bewertung: 8 von 10 Punkten.
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