Regie: David Lynch
Das Böse in Lumerton...
effrey Beaumont (Kyle MacLachlan) ist von der Oak Lake Highschool in seine Heimatstadt Lumberton zurückgekehrt, weil sein Vater bei der Gartenarbeit einen Schlaganfall erlitten hat, der beinahe tödlich endete. Nun ist er für einige Zeit beurlaubt und hier in Lumberton scheint die Zeit irgendwie still gestanden zu haben. Alles scheint wie in den 50er und 60ern auszusehen in dieesr amerikanischen Kleinstadt, wo sich alles ums Holz dreht. Im Radio sagt der Sprecher mit "Beim Fällen des nächsten Baums ist es acht Uhr Dreißig" an. Die Stadt ist süß, der Himmel ist strahlend blau, die Gartengitter sind weiß wie Schnee und die Blumen in den Gärten blühen wunderschön und haben satte Farben. Der Feuerwehrmann, der mit seinem Wagen vorbeifährt, kann nicht anders als freudlich zuzuwinken. Doch unter der klinisch sauberen Oberfläche wuchern Geheimnisse. Jeffrey findet auf seinem Spaziergang von Zuhause ins Krankenhaus im Waldstück ein abgetrenntes Ohr. Dies zeigt er dem örtlichen Polizeidetektiv John Williams (George Dickerson) und damit trifft er auch wieder auf Sandy (Laura Dern), Williams Tochter und Jeffreys frühere Schulkameradin. Sandy ist genauso neugierig wie Jeffrey und sie erzählt ihm von einer verdächtigten Frau namens Dorothy Valens (Isabelle Rossellini). Sie zeigt ihm auch wo die Verdächtigte wohnt. So wird von den beiden die Idee geboren, in dem Fall auf eigene Faust zu recherchieren. Jeffrey hat sogar die waghalsige Idee im Kopf als Kammerjäger in die Wohnung von Dorothy zu gelangen, um dort in einem günstigen Moment ein Fenster zu öffnen, wo er später - wenn die Frau ausser Haus ist - einsteigen kann. Es läuft sogar noch günstiger, da Jeffrey sogar beim Ungezieferjagen an einen Ersatzschlüssel für die Wohnung herankommt. So beginnt ein waghalsiges Spiel mit dem Feuer. Er dringt in die Wohnung ein, dann beobachtet er die Frau heimlich vom Schrank aus - wie sie sich auszieht und sieht sogar ganz unverhofft zu, wie Dorothy mit einem gewissen Frank Booth (Dennis Hopper) ein bizarres sexuelles Spiel ablaufen lässt. Als Voyeur sieht er zu wie der mann ein nicht identifizierbares Gas dabei einatmet und sich dabei immer mehr einem perversen Sadomasochismus hergibt. Dabei lebt sich der Soziopath an seiner Partnerin äusserst gewalttätig aus. Jeffrey findet heraus, dass Dorothys Mann und ihr kleiner Sohn in der Gewalt des Gangsters sind und die verzweifelte Frau deshalb leicht erpressbar ist für alle erdenklichen Perversionen. Jeffreys eigene - der hemmungslose Voyeurismus - bleibt allerdings nicht unentdeckt und es kommt nach dem Verstecken im Schrank zu einem sexuellen Spiel zwischen Jeffrey und Dorothy. Darüberhinaus verlieben sich Sandy und Jeffrey ineinander. Gemeinsam sind sie irritiert vom Bösen, dass sie gerade versuchen aufzudecken. Sandy erzählt ihm von einem wunderbaren Traum mit Rotkehlchen, die sie als Zeichen der Hoffnung für die Menschen interpretiert. Ihre Freundschaft mit Mike gerät zunehmend ins Hintertreffen. Dorothy übt weiterhin eine starke Anziehung auf Jeffrey aus, doch die beiden werden von Frank und seiner Band erwischt. Jeffrey wird zu einer Spritztour durch die Stadt gezwungen, wo sie in der Wohnung von Ben (Dean Stockwell) Halt machen. Dort gibts eine musikalische Einlage von Ben, als er zu Roy Orbisons "In Dreams" die Lippen bewegt und am anderen Morgen wacht Jeffrey auf der Müllhalde auf. Er wurde übel verdroschen. Jeffrey hat sich aber fest vorgenommen Dorothy aus der Gewalt von Frank zu befreien. Kein leichtes Unterfangen...
Den Bösewicht spielte Dennis Hopper so genail, dass eine Oscarnominierung dabei heraussprang. Frank, der kranke Schwächling, der in Gewaltorgien seine verkorkste Sexualität herausheult und herausprügelt. Um zu seinem Höhepunkt zu kommen, hält er sich ein Atemgerät an Mund und Nase - eine Sequenz, die unvergessen bleibt und zu den großen Momenten des 80er Jahre Kinos gehört. Dabei ist es schwer herauszufinden, ob "Blue Velvet" tatsächlich auch in den 80ern spielt und alles so wirkt als wäre die Zeit stehengeblieben. Zumindest scheint dies zwar die wahrscheinlichste Option zu sein, die Geschichte könnte aber auch in den 60ern spielen. Unterlegt wird der gemeine Psychoschocker jedenfalls mit melancholischem Songs der 50er und 60er "Blue Velvet" von Bobby Vinton, "In Dreams" von Orbison oder "Love Letters" von Ketty Lester, die die morbide Geschichte über das verlogene Kleinstadtidyll atmosphärisch perfektioniert. "Blue Velvet" ist ein Film, der seinem jugendlichen Paar eine verquere Reifeprüfung auferlegt. Zwei Kinder erleben eine Welt, wie sie den meisten Erwachsenen verschlossen bleibt. Eine der intensivsten und herausragendsten Szenen dieses Films ist die Nachtfahrt mit Frank, wo sie in dem schäbigen Bordell absteigen und später Jeffrey halbtot geschlagen wird, während auf dem Autodeck eine dralle 50jährige Frau selbstversunken tanzt. Diese schrecklichen Momente unterbricht Lynch immer wieder auch mit einer komischen Sequenz, etwas dann wenn Jeffreys Tante Barbara (Frances Bay) auftaucht. Auch wird neben der sexuellen Perversion eine Liebesgeschichte platziert, die am Ende sogar ein HappyEnd bekommt. Umgeben von Eltern, Tanten, Nachbarn, Rotkehlchen, wunderschönen Blumen und weißen Gartenzäunen ist aber auch nicht ausgeschlossen, dass mit diesem glücklichen Paar ein weiterer Alptraum entstehen wird. Wer weiß es schon...die halluzinatorische Nachwelt , in der Angst und Gefahr auftauchen, ist möglicherweise eine logische Folgeerscheinung dieses unendlichen Glücks. Einer der besten Filme der 80er und für mich DAS Meisterwerk von David Lynch, der mit "Lost Highway" oder "Fire walk with me" ebenfalls weitere ganz große Film-Klassiker geschaffen hat.
Bewertung. 10 von 10 Punkten.
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