Donnerstag, 17. Juli 2014

La Grande Belezza

























Regie: Paolo Sorrentino

Vergängliches Leben, Ewige Stadt...

Lob und Tadel liegen hier dicht beieinander. Für die einen ist "La Grande Belezza" eine dreiste Fellini Kopie, die durch die tollen Bilder die Inhaltslosigkeit verdeckt, für andere ist der Film von Paolo Sorrentino eine wunderbare Hommage auf den Fellini Kosmos, darüberhinaus eine magischer Städtefilm und eine kluge Reflektion über die Vergänglichkeit. Tatsächlich sind die Verweise auf Fellinis Werk stark dominierend. Sorrentinos Hauptfigur Jep Gambardella (Toni Servillo) ist die ältere Ausgabe von Marcello Mastroiannis Boulevardfotograf mit Schriftstellerambtionen aus dem Klassiker "La Dolce Vita" Beide bewegen sich als Akteur und Beobachter durch ein sommerliches Rom. In "La Grande Belezza" ist man als Zuschauer von Anfang an mit dabei und sieht dem dekatenten Treiben in der Stadt zu. Optisch und inhaltlich präsentiert Fellini Fan Sorrentino eine moderne Variante von "Satyricon" und macht schnell durch die Verweise der Vergangenheit klar, dass sich der Mensch kein bisschen geändert hat. Es wiederholt sich heute alles, was einmal war vor 50 Jahren oder in der Antike. Rom ist heiß, unbeteiligt, mondän, schön und dekadent. Mittendrin der Partylöwe Jep, der seinen 65. Geburtstag feiert und versucht ein Resümee seines Lebens zu ziehen, was ihm gar nicht so einfach fällt, denn die Eindrücke der Stadt überstrahlen alles und so hat er wenig Zeit sich selbst wirklich zu reflektieren, er ist aber immerhin ein begnadeter Zyniker und hat vor Jahren den einzigen schriftstellerischen Erfolg gehabt. Dieser finanzielle Erfolg half ihm später das Leben wie eine Party ausschweifend zu feiern. Jep, der meistens eine Zigarette im Mund hat, sucht auch im Hier und Jetzt die Orte seines gelangweilten Luxuslebens auf.  Hier schimmert gelegentlich der Hauch von Verfall durch - eine Komponente, die Fellini in "Das süße Leben" noch nicht hatte, da er junge Menschen in dieser Metropole zeigte - mit all ihren Hoffnungen. Es ist die Bitterkeit des Alters, die mitschwingt. In der Anfangsszene sieht man japanische Touristen, die begeistert sind von den Sehenswürdigkeiten der ewigen Stadt und Rom tut alles erdenklich atmosphärische für seine Besucher - ein Frauenchor singt oben im Säulengang über dem Brunnen und sorgt mit den Bildern für einen der zahlreichen magischen Momente des Films. Dann fällt einer der Touristen im Anblick größter Begeisterung einfach tot um - so schnell scheint alles ohne Sinn. 




 Unser gealteter Lebemann scheint sich auch die Sinnfrage zu stellen, ohne wirklich weiter zu kommen. Stattdessen streift er durch die grandiose Stadt und lässt sich treiben. Seine Wohnung ist direkt am Colosseum gelegen. Dort trifft er sich mit seinen Freunden und philosophiert oder tratscht. Von seiner Dachterasse aus, sieht man auf die antike Arena, auf die fast menschenleere Stadt und auf einen idyllischen Klostergarten.  Rom wirkt interessanterweise im Film extrem leer, die Menschen sind kaum sichtbar vor lauter Sehenswürdigkeiten.  Und solche Momente finden sich oft im Film, die Stadt wirkt dann wie eine Art Sarkophag - trotz der wilden Partys, die abgehen und trotz der römischen Nächte mit ihren Gesichtern, die alle aus Fellini Filmen entsprungen sein könnten. Natürlich gibt es in Rom auch Giraffen und Flamingos, irrwitzige Geistheilungen, trendige Beerdigungen und auch die Religion ist allgegenwärtig. Ein Kardinal, der Kochrezepte zum Besten gibt und eine 104jährige Missionarin, die einer Mumie gleicht...Sorrentinos Film wurde genauso oft zerrissen, wie er als Meisterwerk in den Himmel gelobt wurde. Ich glaube man muss sich selbst ein Urteil bilden. Die Kamerarbeit von Luca Bigazzi ist jedenfalls Weltklasse und der Film wirkt durch die Bilderflut in vielen Sequenzen hypnotisch und magisch. Die große Schönheit und die große Leere sind hier dicht beieinander, wie es dem Macher wohl vorschwebte. Hauptfigur Jep versucht hier ein Resümee zu ziehen und seinem Leben eine neue Richtung zu geben, doch es darf bezweifelt werden, dass ihm das auch nur in Ansätzen gelingt. Er sucht die Antworten dann auch nicht in der Zukunft, sondern blickt zurück in seine Jugendtage und eiine Schlüsselszene am Meer kommt ihm immer wieder in den Sinn. Ich persönlich fand den Film schon sehr gut gemacht, auch wenn er mit seiner Laufzeit von fast 2 1/2 Stunden besonders im letzten Teil Gefahr läuft, dass die Bilderflut so hoch war, dass man von einer gewissen Reizüberflutung sprechen könnte. Aber keine Frage: Sorrentnos Film ist jetzt schon ein Klassiker und konnte zahlreiche Preise gewinnen, darunter den Oscar als bester ausländischer Film und vier Auszeichnungen beim begehrten Europäischen Filmpreis. Auch die Filmmusik ist edel ausgewählt und ist Teil der Dramaturgie.



Bewertung: 8 von 10 Punkten.

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