Regie: Francois Ozon
Neugierige Isabelle...
Pascal Marti ist der Kameramann von Francois Ozons neuesten Film
"Jung und schön", der von einigen Kritikern mit Bunuels "Belle de Jour"
verglichen wurde. Für mich ist es ein sehr gelungener, ja sogar leichter
Film über das Erwachsenwerden und über das Ausprobieren und fängt im
"Sommer" an. Die 17jährige, sehr hübsche Isabelle (Marine Vacth)
liegt an einem heißen Sommertag am Strand, sie wird dabei von ihrem
neugierigen, jüngeren Bruder Victor (Fantin Ravat) mit dem Fernglas
beobachtet. Der Junge nimmt in der Geschichte seiner Schwester
auch insofern eine Schlüsselrolle ein, weil es sich andeutet, dass er
sehr bald ebenfalls in diesen pubertären Sog fällt, der dann die Stufen
zum Erwachsenwerden einleitet. Seine Schwester ist da schon mittendrin
in diesem Weg und sie hat einen deutschen Freund. Mit diesem Felix
(Lucas Prisor) verliert sie ziemlich unromantisch ihre Unschuld in den
Ferien. Im "Herbst" ist die Familie wieder zurück in Paris. Isabelles
Mutter (Geraldine Pailhas) und Isabelles Stiefvater Patrick (Frederic
Pierrot) ahnen nicht, dass sich Isabelle heimlich für Geld mit Männern
trifft. Sie verlangt pro Treffen meistens 300 Euro und einer dieser
Freier ist der alternde Georges (Johan Leysen). Mit ihm trifft sie sich
öfters. Durch einen Unglücksfall erfährt die Mutter im "Winter" vom
Doppelleben ihrer Tochter. Dies führt zu starken familien Spannungen und
auch der Freundeskreis, der von Isabelles Doppelleben weiß, begegnet
ihr plötzlich anders, viel misstrauischer. Isabelle wird zu einem
Psychologen geschickt. Auf einer Party flirtet sie mit ihrem Mitschüler
Alex (Laurent Delbecque), der im "Frühling" dann ihr Freund ist und auch
von der Familie gut aufgenommen wird...es normalisiert sich alles. Oder
doch nicht. Da sie nicht in Alex verliebt ist, macht sie Schluß und
verabredet sich wie früher in der Hotellobby mit "Unbekannt". Doch
diesmal erscheint eine Frau (Carlotte Rampling)...
"Das
Schmuckstück" war passabel, reichte aber nicht an die besten Werke von
Ozon heran, der mir vor allem mit "Unter dem Sand", "Swimming Pool",,
"Ein kriminelles Paar" und "Tropfen auf heiße Steine" gefallen hat. Sein
letzter Film "In ihrem Haus" aus dem Jahr 2012 war auch sein bestes
Werk seit "5x2" und mit "Jung und schön" konnte er sich jetzt sogar noch
weiter steigern. So ist dieser leichte Jahreszyklus der jungen,
sexuellen Experimente einer seiner bisher besten Filme und die Songs von
Francoise Hardy passen sehr gut zu der Melancholie und Zärtlichkeit des
Films. Dabei lässt der Regisseur den Zuschauer teilhaben an der
Phantasie der Figur, die sich gegen moralische Grenzen erfolgreich zur
Wehr setzt, indem sie tut, was sie will. Dabei hat man das Gefühl, dass
dem Umfeld das Thema Prostitution viel mehr an die Nieren geht als der
Protagonistin, die nicht unbedingt Schaden an ihrem Tun erleidet. Sie
verändert sich aber auch ein Stück weit und möglicherweise ist das
Schluß machen mit ihrem "normalen" Freund in einer ganz normalen
Beziehung auch ein Zeichen, dass die auferlegten Konventionen keine
Erfüllung mehr bieten. Sie baucht wahrscheinlich den Nervenkitzel des
Moments und daher ist auch die Diskrepanz zwischen Lust und Liebe
aufgezeichnet. Ein sehr gelungener Film.
Bewertung: 9 von 10 Punkten.
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