Samstag, 19. Juli 2014
Der große Gatsby
Regie: Baz Luhrman
Zwischen Gier und Unschuld...
Baz Luhrmanns "Der große Gatsby" ist die inzwischen vierte Verfilmung des berühmten Romans von Francis Scott Fitzgerald aus dem Jahr 1925. Es gibt auch eine Stummfilmversion, eine Film Noir Version mit Alan Ladd und den populären Robert Redford Film aus dem Jahr 1974, der seinerzeit sogar eine 20er Jahre Modewelle auslöste, was sicherlich auch ein Verdienst des Kameramannes Doulgas Slocombe war, der den Film von Jack Clayton veredelte. Trotz Klassikerstatus gilt diese Verfilmung als seltsam blutleer und die Zuschauer konnten zwar in schönen Bildern schwelgen, aber selbst als Nichtleser hatte man das Gefühl, dass man nie in die Tiefe der Figuren eindrigen konnte. So gesehen macht Baz Luhmann mit seiner 2013 inszenierten Neuverfilmung den gleichen Fehler, denn auch seine Variante ist domiant an der Oberfläche angesiedelt. Die Form ist briliant, der Inhalt muss gesucht erst mal gesucht werden. Zweifelsohne hat er aber immerhin die bunteste, wildeste und schrägste Verfilmung bisher abgeliefert. Wie sichtig in beiden Verfilmungen einmal mehr die Kostüme sind, lässt sich in einer der markantesten Szenen ablesen, wenn Gatsby seine Klieder, Hüte, Anzüge und Hemden aus dem Schrank holt und ins Zimmer wirft, bis ein großer Haufen feinster Stoff seine Besucherin Daisy umhüllt, die auf dem Boden sitzt. Vielleicht ist dies auch die Schlüsselszene des Films, denn das maßlose Kleiderwerfen macht die Frau traurig und zugleich zeigt die Szene die Tragik der Liebesgeschichte zwischen dem großen Gatsby und seiner Daisy auf. Sie ist vergangen und währte vielleicht nur einen Moment. Doch das ist dem neureichen, geheimnisvollen Mann noch nicht so klar wie seiner Angebeteten, die ein Stück weit der vergangenen Illusion nachgibt, weil ihre Gegenwart auch nicht gerade glücklichmachend ist. Hier hat Luhrman meines Erachtens die Vorlage etwas besser genutzt, aber man muss angesichts des opulenten Settings, der überwältigenden Ausstattung und der völlig überkandidelten Form der Darbietungen schon nach diesen Momenten auf die Suche gehen - womöglich sind diese verdeckten, weil verschütteten Anteile aber im Sinne der eigentlichen Geschichte, die ja von einem jungen Mann handelt, der allein kraft seiner Phantasie und seiner Möglichkeiten zu unschätzbaren Reichtümern gekommen ist - sicherlich begünstigt durch die Prohibition in den Roaring Twenties. Er ist aber nichts ohne seine Liebe, sein Reichtum ist wohl eher die Trumpfkarte, die er auspielen will, um seine verlorene Liebe wieder an sich zu binden. Die tragische Geschichte des geheimnisvollen Mannes wird von dem depressiven und alkoholsüchtigen Nick Carraway (Tobey Maguire) erzählt, der in einem Sanatorium seine Geschichte erzählt. Es ist die Geschichte eines chronischen Beobachters, der aber immer auch innerlich und mental Nebenfigur bleibt. Im übrigen ist Tobey Maguire eine völlig Fehlbesetzung und ist eine der Schwachstellen des Films. Von seinem Arzt wird er dazu ermutigt die Geschichte aufzuschreiben, die dann am Ende "Der große Gatsby" heißen wird und im Jahr 1922 seinen Anfang nimmt. Nick, der schüchterne junge Börsenmakler arbeitet an der Wallstreet und bezieht dann ein altes und bescheidenes Haus in West Egg auf Long Island an der Ostküste. In dem palastartigen Nachbarhaus lebt der geheimnisumwitterte Jay Gatsby (Leonardo di Caprio), ein junger Millionär und undurchsichtiger Geschäftsmann, dessen unermesslich scheinendes Vermögen Stoff für viele Gerüchte bilden. Obwohl er in seinem Haus rauschende Tanzpartys für die New Yorker Gesellschaft veranstaltet, ist er ein einsamer Wolf. Er liebt seit Jahren die schöne Daisy Buchanan (Carey Mulligan), die er während seiner Militärzeit kennengelernt hatte, die aber nun mit dem reichen Tom Buchanan (Joel Edgerton) mehr oder weniger unglücklich verheiratet ist. Daisy langweilt sich in ihrem Herrenhaus, dass exakt auf der gegenüberliegenden Seite der Bucht in East Egg liegt. Buchanan betrügt seine Daisy mit der verheirateten, lebenslüstigen Myrtle Wilson (Isla Fisher), Frau eines Tankstellenbesitzers. Zum illustren Kreis der Buchanans gehört auch noch Daisys beste Freundin Jordan Baker (Elisabeth Debicki). Bald erhält der frisch zugezogene Nick eine Einladung zu einer der schillernden, beinahe täglich stattfindenden Partys auf Gatsbys Anwesen. Seine Rolle ist auch längst schon festgelegt...
Der Film behandelt Themen wie Dekadenz und Ausschweifungen und setzt sich sachte mit sozialen Umbrüchen um. Dabei werden die Roaring Twenties von Luhrmann im Sound von Heute zelebriert - ein Kunstgriff, den man im Heute und Hier sehr gelungen ansehen kann, weil nicht nur die Melancholie einer Lana del Rey da gut reinpasst. Aber ob man in einigen Jahren dies noch genauso geglückt ansehen wird - die Zukunft wird es zeigen. Luhrmanns Inszenierung ist grell, also typisch für ihn, wie auch seine früheren Filme "Strictly Ballroom", "Moulin Rouge" oder "Romeo und Julia" beweisen. Natürlich führt die Extravaganz, die hier aufgefahren wird, stellenweise zu einer visuellen Überforderung, aber es gelingt dem Filmemacher doch ein Stück weit den Menschen in der Figur Gatsby zu finden. Sehnsucht und Vergänglichkeit sind die großen Themen in der großen Party des Lebens. Bei der Oscarverleihung durften die Macher dann auch gleich zweimal jubeln. Catherine Martin und Beverley Dunn gewannen in der Kategorie "Bestes Szenenbild". Auch die Kostüme - ebenfalls kreiert von Catherine Martin wurden preisgekrönt.
Bewertung: 7 von 10 Punkten.
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