Regie: Emerald Fenning
Cassies Rache...
Noch nie war Rache so süß...so ähnlich wird für Emerald Fennings
Thriller "Promising young Woman" geworben. Dieser Film macht auch
irgendwie betroffen und fast ein bisschen traurig, also Grund zum Jubeln
hat die Rächerin mit ihrer Aktion nicht. Aber man kann sagen, dass sie
ihren Plan konsequent durchzieht, ohne Rücksicht auf Verluste. Diese
vielversprechende junge Frau heißt Cassandra Thomas, von allen "Cassie"
genannt und wird gespielt von Carey Mulligan. Die 1985 in London
geborene Schauspielerin bekam dafür ihre zweite Oscarnominierung nach
"En Education". Ausserdem erhielt "Promising young woman" weitere
Nominierungen: Bester Film, beste Regie Emerald Fenning, bester Schnitt
und bestes Drehbuch, das ebenfalls von Emerald Fenning geschrieben
wurde. Letztere Kategorie führte auch zum Academy Award Sieg. Der Film
spielte bei einem Budget von 5 Millionen Dollar mehr als das Dreifache
ein.
Cassie Thomas (Carey Mulligan) ist eine 30jährige Abbrecherin der
Forrest Medical School, die immer noch bei ihren Eltern Stanley (Clancy
Brown) und Susan (Jennifer Coolidge) lebt. Cassie arbeitet in einem
Cafe, obwohl sie beruflich damit sicherlich unterfordert ist. Sie war
damals eine der Beste beim Medizinstudium, doch die Vergewaltigung ihrer
Mitschülerin Nina Fisher hat die anspruchsvollen beruflichen Pläne
völlig durchkreuzt. Klassenkamerad Al Monroe (Chris Lowell) war der
Täter, der die sturzbetrunkene Kommilitonin Nina Fisher während einer
Party vergewaltigt hatte. Bei diesem Vorfall gabs auch viele Zeugen, die
einfach nur zuschauten. Doch es kam nie zu einer Strafverfolgung, denn
alle Zeugen gaben an, dass einfach eine wilde Party aus dem Ruder lief,
weil alle sehr alkoholisiert waren und das Opfer nicht den Anschein
machte, dass ihr Gewalt angetan werden würde. Auch Dekanin Elizabeth
Walker (Connie Britton) legt die Anschuldigung irgendwann ad acta, da
alles sehr widersprüchlich war, nicht bewiesen werden konnte und sie
einem jungen Mann nicht wegen einer falschen Anschuldigung die Zukunft
verbauen wollte. Cassie verbringt ihre Nächte jetzt damit, in Clubs und
Bars Trunkenheit vorzutäuschen und sich als Köder für Männer auszugeben,
die ihr angeblich helfen wollen. Am Ende steht dann meistens der
gierige Wunsch nach Sex, weil die Männer die Notlage der Frau ausnützen.
Eines Tages kommt der junge Arzt Ryan Cooper (Bo Burnham) ins Cafe und
ist überrascht dort seine ehemalige Kommilitonin dort als Hilfskraft
anzutreffen. Die beiden kommen sich wieder näher und der Fall von damals
wird auch wieder zunehmend präsenter...
In weiteren wichtigen Rollen sind Laverne Cox als Gail, Max
Greenfield als Joe, Alfred Molina als Rechtsanwalt Jordan Greene und
Alison Bree als Madison zu sehen. Das Filmdrehbuch ist überraschend sehr
wendungsreich und originell geschrieben. In den Kritiken wurde
"Promising young woman" sehr oft als "MeToo" Thriller beschrieben. Beim
näheren Hinsehen bietet der Film aber sehr viel mehr: Das Psychogramm
einer sehr fragilen Persönlichkeit, die immer weniger greifbar wird,
weil sie sich völlig dem Rachegedanken verschrieben hat. Carey Mulligan
spielt diese Cassie nie als Sympathieträgerin, sondern als wütende und
zerrissene Person, die ein Nahziel hat, aber keine Zukunft. Natürlich
wird man an "Angeklagt" mit Jodie Foster und Kelly McGillis erinnert.
Auch dort geht es um die Vergewaltigung einer Frau unter Zeugen, mit
ähnlichen Sichtweisen. "Promising young woman" geht aber ein bisschen
weiter, da auch das Thema Verdrängung ganz stark im Mittelpunkt steht.
Emerald Fenning hat ihren Film so radikal entworfen wie ihre Filmheldin
ihre Rachemission.
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