Regie: Jane Campion
Ada und ihr Klavier...
Die Regiearbeit für einen Film war lange Zeit eine Dömäne der
Männer. Nur vereinzelt konnten Frauen in dieser Domäne mit ihren
männlichen Kollegen gleichziehen...in der Weimarer Republik war es Lotte
Reiniger mit ihrem Animationsfilm "Prinz Achmed". Durchschlagenden
Erfolg und einen großen internationalen Ruf hatte Leni Riefenstahl in
den 30ern mit ihren legendären Olympia-Filmen. Ende der 40er Jahre
wechselte die US-Schauspielerin Ida Lupino erfolgreich ins Regiefach.
1958 begann die lange Karriere der belgischen Filmemacherin Agnes Varda.
Lina Wertmüller in Italien und Margarethe von Trotta in Deutschland
kamen als wichtige Regisseurinnen in den 60ern dazu. Wertmüller gelang
es auch als erste Frau im Jahr 1975 für ihre Regieleistung in "7
Schönheiten" für den Oscar in dieser Kategorien nominiert zu werden. Es
folgten herausragende Arbeiten von Chantal Akerman (Jeane Dielman,
1975), Liliane Cavani (Der Nachtportier, 1974), Kathryn Bigelow (Near
Dark, 1987), Agnieszka Holland (Hitlerjunge Salomon, 1990), Marleen
Gorris (Antonias Welt, 1995) oder Claire Denis (Der Fremdenlegionär,
1999).
Es sollte auch einige Jahre vergehen, bis es die zweite
Oscarnominierung einer Frau in der kategorie "Beste Regie" gab. Im Jahr
1994 gelang dies der Neuseeländerin Jane Campion für ihren Film "Das
Piano". Inzwischen gibt es einige Regiesseurinnen, die ebenfalls zu
einer Nominierung kamen: Greta Gerwig, Emeral Fenell, Sofia Coppola -
drei Frauen gelang sogar der Sieg: Kathryn Bigelow, Chloe Zaho und Jane
Campion für "Power of the Dog".
Bei der Verleihung am 21. März 1994 siegte zwar Steven Spielberg
mit "Schindlers Liste" auf ganzer Linie. Der Film konnte 7 Oscars
gewinnen. Aber drei Academy Awards gingen an Campions "Piano". Holly
Hunter wurde in der Rolle der stummen Ada ausgezeichnet. Die beste
Nebenrolle ging an die 11jährige Anna Paquin, die die Tochter von Ada
spielte und Jane Campion selbst bekam immerhin den Preis für das beste
Drehbuch.
Holly Hunter spielt phänomenal und es gibt nur wenige
Preisträgerinnen, die genauso begeisterten, wie die 1958 in Georgia
geborene Schauspielerin.
Die Geschichte spielt Mitte des 19. Jahrhunderts in einem
abgelgenen Teil von Neuseeland. Damals war es noch üblich, dass Väter
ihre Töchter zwangsverheiratet haben. Ada (Holly Hunter) ist stumm. Sie
hat nicht mehr gesprochen, seit sie 6 Jahre alt war. Warum weiß keiner.
Sie selbst sieht sich nicht als stumm, denn sie hat die Gabe ihre
Gedanken und Gefühle mittels des Klaverspielens zu äussern und wer ihrem
Spiel intensiv zuhört, kann vielleicht mit ihr kommunizieren. Ada hat
eine kleine Tochter. Flora (Anna Paquin) ist 9 Jahre alt und unterhält
sich mit ihrer Mutter in Gebärdensprache. Sie übersetzt auch für ihre
Mutter. Durch die Heirat mit dem Kolonialisten Alisdair Stewart (Sam
Neill) verlässt Ada mit ihrem Kind die schottische Heimat und siedelt um
in die britische Kolonie Neuseeland.
Ada, Flora und ihre Habseligkeiten, darunter ein handgefertigtes
Klavier, werden von einer Schiffsbesatzung an einem neuseeländischen
Strand abgesetzt. Am nächsten Tag trifft Alisdair mit einer
Māori-Besatzung und seinem Nachbarn George Baines (Harvey Keitel) ein,
einem pensionierten Seemann, der viele der Māori-Bräuche übernommen hat,
darunter auch die Tätowierung seines Gesichts. Alisdair erklärt Ada
zunächst, dass es nicht genug Träger für das Klavier gibt, und weigert
sich dann, es zu holen, da sie alle Opfer bringen müssten. Ada wiederum
ist ihm gegenüber kalt und will unbedingt ihr Klavier wiederhaben. Da
sie Alisdair nicht überreden können, besuchen Ada und Flora George mit
einem Zettel, auf dem sie ihn bitten, zum Klavier gebracht zu werden,
und obwohl er nicht lesen kann, willigt er ein. Am Strand fängt Ada an
zu spielen und George ist sofort fasziniert von ihrem Spiel. Bald
schlägt George seinem Machbarn Alistair vor, ein Stück Land gegen dieses
Piano am Strand einzutauschen. Ausserdem möchte er von Alistairs Frau
unterrichtet werden. Die weigert sich zunächst, geht dann widerwillig
zum Haus von George und fängt an zu spielen. Auch mit Ada versucht
George eine Übereinkunft zu finden. Er verspricht ihr, dass sie pro
Stunde eine Klaviertaste zurückbekommt, wenn er Ada beobachten,
vielleicht auch berühren darf und weitere Dinge, die ihm gefallen
könnte. Daraus entsteht mehr als....
7 Millionen Dollar hat "Das Piano" gekostet und er spielte 140
Millionen Dollar ein. Ein echter Triumph für einen großartigen
Bilderbogen aus einer vergangenen Zeit. Der britische Kameramann Stuart
Dryburgh wurde für seine herausragende Leistung ebenfalls für den Oscar
vorgeschlagen. Die Geschichte selbst bleibt bis zum Schluß subtil und
fragil. Doch die darin beschriebene Dreiecksbeziehung ist komplex und
dunkel. Da Ada nicht sprechen kann, kommt dem Klavierspiel eine
besondere Bedeutung zu - sie wird sozusagen zum Ersatz für die nicht
vorhandene Stimme und tatsächlich wird der Klang auch Ausdruck tiefster
Empfindungen.
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