Regie: Ryusuke Hamaguchi
Beichtstuhl Auto...
Der 2021 inszenierte Spielfilm " Drive my car" des japanischen
Regisseurs Ryusuke Hamaguchi basiert auf Haruki Murakamis gleichnamiger
Kurzgeschichte und anderen Geschichten aus dessen erschienenen sammlung
"Men without Women". In Cannes war Premiere und sofort waren die
Kritiker voll des Lobes für diesen aussergewöhnlichen Film, der während
seiner Laufzeit von 179 Minuten sehr viel Dialog bietet. Einerseits die
Stärke dieses besonderen Werkes, aber andererseits auch eine
Eigenschaft, die vielleicht den einen oder anderen Zuschauer mit der
Zeit ermüden könnte.
Die Hauptfigur der Geschichte ist der Theaterregisseur Yusuke
Kafuku (Hidetoshi Nishijima), der mit seiner Frau Oto (Reika Kirishima)
seit 25 Jahren eine glückliche Ehe führt. Vor 17 Jahren musste das Paar
einen schweren Schicksalsschlag verarbeitet. Sie verloren ihre kleine
Tochter. Oto selbst hat danach nie mehr wieder ein weiteres Kind
gewollt. Beide sind sehr erfolgreich in ihrem Beruf. Oto erzählt ihrem
Mann sehr oft Geschichten, die sie sich ausgedacht hat und später in ein
Drehbuch münden sollen. Diese Storys sind oft auch mit sexuellen
Inhalten gewürzt. Als eine Dienstreise kurz vor Abflug verschoben wird,
nutzt er die Möglichkeit und kehrt an diesem Abend zurück nach Hause.
Dort sieht er seine Frau beim Sex mit dem jungen Schauspieler Koji
Takatsuki (Masaki Okada). Die beiden wissen nicht, dass ihr Liebesspiel
beobachtet wird. Yusuke schweigt über den Vorfall. obwohl er schwer
gekränkt ist. Das Schicksal will es, dass er seine Frau nach Beendigung
seiner Dienstreise leblos im Wohnzimmer vorfindet. Sie stirbt noch in
der selben Nacht im Krankenhaus an einer Hirnblutung. Soweit der
Vorspann der eigentlichen Geschichte, die nach 40 Minuten beginnt. Es
sind nun 2 Jahre vergangen. Der Theaterregisseur beginnt mit einer
Inszenierung von "Onkel Wanja" von Anton Tschechow in Hiroshima. Dort
castet er gemeinsam mit dem Dramaturgen Gong Yoon-su (Jin Dae jeon) eine
Gruppe von talentierten Schauspielern. Beeindruckt von der stummen
Darstellerin Lee Yoo-na (Park Ju-Rim) die in koreanischer Zeichensprache
kommuniziert, besetzt der Regisseur die Titelrolle des Onkel Wanja mit
Koji, dem damaligen Lover seiner Frau. Die Leitung des Theaters verlangt
aus versicherungstechnischen Gründen, dass Yusuke während dieser Zeit
nicht selbst Auto fährt, stattdessen hat man für ihn die versierte
Fahrerin Misaki (Toko Miura) engagiert. Im Laufe der Zeit kommen sich
die beiden Menschen während der vielen Autofahrten näher...
Und diese Fahrten fungieren dann auch ein bisschen als Art
Beichtstuhl von Geheimnissen und verborgenen Gedanken. Sowohl Yusuke als
auch Misaki sind eher introvertierte Charaktere, die sich nur längsam
öffnen können. Die im Film beschriebene Theaterinszenierung ist auch
sehr gewagt, denn der Regisseur setzt auf eine multilinguale
Herangehensweise. So sind die Rollen mit Akteuren besetzt, die
verschiedene Sprachen sprechen, so dass es nicht gesichert ist, dass sie
ihr Gegenüber überhaupt verstehen. Die Dialoge werden für das Publikum
auf einer großen Leinwand live übertitelt. Hamaguchis Film wurde für 4
Oscars nominiert - den Preis als bester Auslandsfilm ging auch an Japan.
Hamaguchi selbst wurde sowohl als bester Regisseur als auch fürs beste
Drehbuch nominiert. Sicherlich ist dem japanischen Filmemacher einer der
interessantesten Filme des Jahres gelungen, auch wenn vom Zuschauer ein
bisschen Geduld gefordert wird. Aber es lohn sich, denn schließlich
thematisiert der Film Liebe und Leidenschaft, Trauen und Sehnsucht und
nicht zuletzt die große Kunst Lebenskrisen vielleicht bewältigen zu
können.
Bewertung: 8,5 von 10 Punkten.
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