Regie: Elio Petri
Unantastbar...
1971 wurde der italienische Filmregisseur Elio Petri für seinen
Film "Ermittlungen gegen einen über jeden Verdacht ehabenenen Bürger"
mit dem Oscar als bester internationaler Film ausgezeichnet. Es wurde
auch für den Schauspieler Gian Maria Volonte die Rolle seines Lebens und
neben "Zwei Särge auf Bestellung" ist dieser beunruhigende, teilweise
kafaeske Film sicherlich Petris filmisches Meisterwerk. Volonte spielt
die Hauptfigur "Il Dottore" einfach genial. Der Regisseur wollte die
korrupten und autoritären Praktiken der Polizei und des herrschenden
Establishments aufzeigen und entlarven. Dabei ist der Film als Satire
angelegt und ist dennoch ein hochpolitischer Film, denn der Zuschauer
bemerkt, dass diese groteske Geschichte genauso auch in der Realität
geschehen könnte.
Il Dottore (Gian Maria Volonte) ist ein äusserst erfolgreicher
Polizeiinspektor, der sich vor allem auch durch seine dominante,
selbstgefällige und arrogante Art extremen Respekt bei seinen Kollegen
und Untergebenen erworben hat. Diese Kollegen wirken in seiner
Anwesenheit fast devot, ja sogar ängstlich und Il Dottore nützt dies als
bekennender Machtmensch auch skrupellos aus.
Seine Aufklärungsstatistik bei den Mordfällen liegt bei über 90 %
und seine politische Gesinnung dürfte ist eindeutig extrem rechts, er
hasst alle linksgerichteten Ambitionen und nennt diese Menschen
"Umstürzler", vergleicht sie auch mit den übelsten Verbrechern. Der
Dottore hat auch politische Ambitionen und er soll an diesem Tag vom
Dezernatsleiter zum Chef des politischen Büros befördert werden. Bevor
er dieses wichtige Ereignis mit seinen Männern feiert, macht er noch
einen Besuch bei seiner masochistischen Freundin Augusta Terzi (Florinda
Bolkan), die mit einem schwulen Mann (Massimo Foschi) verheiratet ist.
Auch der mächtige Leiter der Polizeikommission kann bei dieser Frau
immer wieder seine sadistischen Neigungen ausleben. An diesem besagten
Morgen tötet er seine Geliebte während des sexuellen Rollenspiels mit
einer Rasierklinge.
Anstatt nun alle Spuren zu verwischen, die auf ihn als Täter
deuten, reagiert er völlig gegensätzlich und verlässt die Wohnung erst
nachdem er einige Fährten so gelegt hat, dass sie auf ihn als Mörder
deuten. Dann geht er seelenruhig aus der Wohnung und aus dem Haus. Er
begegnet dem linksorientierten Studenten Antonio Pace (Sergio Tramoti)
und fixiert ihn regelrecht, dass der junge Mann ihn auch ja später
erkennen kann. Er ruft anonym bei seinen Kollegen an und meldet den Mord
- dann gibt er seinem Nachfolger noch wertvolle Tipps und nennt den
Ehemann als wahrscheinlichsten Verdächtigen. Die Spurensicherung findet
am Tatort Finger- und Fußabdrücke des Täters und auch eine Faser einer
blauen Seidenkrawatte, genauso eine wie der Dottore trägt. Doch wenn
auch alles auf ihn hindeutet, der über jeden Verdacht erhabene Bürger
wird wegen seiner beruflichen Immunität von den Ermittlern ignoriert...
Dieses absurde Szenario wird immer wieder mit einem sehr fröhlichen
Ennio Morricone Soundtrack unterlegt und geht bis zu einem Geständnis -
aber auch diese Offenbarung führt nicht zur Aufklärung. Man nötigt ihn
sogar seine Unschuld zu bekennen. In den späten 60er Jahren wurden sehr
viele interessante Politfilme gedreht - neben Petris satirischem und
zynischem Erfolgsfilm drehte Constantin Costa-Gavras seinen Klassiker
"Z" und Gillo Pontecorvo begeisterte sein Publikum mit der beklemmenden
"Schlacht um Algier".
Bewertung: 10 von 10 Punkten.
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