Mittwoch, 5. Dezember 2012

Zeiten des Aufruhrs


























Regie: Sam Mendes

Machs noch einmal, Sam

"Zeiten des Aufruhrs" (Originaltitel: Revolutionary Road), das schriftstellerische Debüt des eigentlich schon fast vergessenen US-Autor Richard Yates ist Vorlage zu diesem gleichnamigen Film von Sam Mendes. Es handelt von einem Ehedrama aus der Wirtschaftswunderwelt der amerikanischen Mittelschicht.
Die Geschichte spielt 1955 und thematisiert die Hoffnungen und Sehnsüchte des selbstbewussten Ehepaares Frank (Leonardo di Caprio) und April Wheeler (Kate Winslet). Die beiden jungen Menschen lernen sich kennen, sind heiss und innig verliebt. Doch bereits sehr früh holt sie der Alltag ein.
Frank scheint in seinem Schreibtischjob gelangweilt, unterfordert und verrichtet diesen mit wenig Spass sondern noch erträglichem Frust. Er tut dies, so scheint es, aus dem Grund der Verantwortung, weil ein Mann für seine Familie zu sorgen hat.
Auch April findet das Leben als Hausfrau in einem schönen, idyllischen Haus in den Vorstädten von Connecticut mehr als mittelmässig.
Das Leben nimmt den gewohnten Gang: Kinder kommen, Streit kommt, die beiden hegen Ambitionen zum Ausbrechen aus dem Gefängnis konventioneller Lebensgemeinschaft und Vorbestimmung durch Normen, beide kompensieren ihren Frust mit nicht weiter wichtigen Beziehungen, bis April den Plan fasst, aus dem Alltag auszubrechen und nach Paris zu ziehen.
Frank gibt sich verhalten, willigt dann aber ein. Doch ist der grosse Plan nach Veränderung, nach einer besseren Zukunft nur eine Illusion, eine Lebenslüge ?
Sam Mendes hat vor 10 Jahren diesen wunderbaren "American Beauty" gedreht, ein fieser, satirischer Seitenhieb auf den "american way of life".
Die Geschichten sind sich nicht unähnlich, auch dort versucht der Titelheld sein mittelmässiges Dasein zu analysieren und einen neuen Weg zu suchen.
In "Revolutionary Road" geht er sogar noch einen Schritt weiter. Zwar werden die 50er Jahre thematisiert, auch die Bestimmung der Frau als Inventar einer dem schein nach glücklichen Familie mit Haus.
Der Stoff hat es aber in sich. Er erzählt von bitteren Wahrheiten für den scheinbar gefestigten und in der Gesellschaft integrierten Menschen von Heute, man findet sich teilweise selbst in den Figuren, die Hoffnungen und Ängste der beiden Protagonisten sind nicht neu. Dieses Gefühl ein Sekundenglück in die gesamte Lebenszeit retten zu müssen, kennt man doch zu gut.
Optisch ist der Film ganz grosses Kino, er erinnert an die Bilder aus Douglas Sirk Movies. Auch schauspielerisch agieren Leonardo di Caprio und Kate Winslet auf ganz hohem Oscar-Niveau.
Ich glaube es ist kein Zufall, dass Mendes das Traumpaar aus "Titanic" auswählte. Das Motto heisst Untergang Part II.
Ein kleiner Wermutstropfen bei aller vordergründiger Brillianz: Der Film ist nicht nur zynisch oder gallig, er ist in einem hohen Maße auswegslos deprimierend. Ein kleiner Hoffnungsschimmer wäre gut gewesen, aber selbst die wahrheitsliebende und gesund wirkende Figur im Film, der psychisch kranke John Givings, den die beiden kennenlernen, lebt gerade deswegen in der Klapse.
Das Schlussbild von April brennt sich heftig und trostlos ins Gedächtnis ein.


"Zeiten des Aufruhrs" wurde in den USA mit einer Bewertung R (Restricted) versehen, was soviel heisst, dass Jugendliche unter 17 Jahren den Film nur in Begleitung eines Erwachsenen ansehen dürfen. Als Grund für diese Einordnung werden Sprache, sexuelle Inhalte und Nacktheit angegeben.

Bewertung: 8 von 10 Punkten.

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