Sonntag, 9. Dezember 2012

Eine dunkle Begierde






















Regie: David Cronenberg

Heile mich, schlage mich...

Das Schlimmste kommt zuerst: Wenn Keira Knightley die kranke Sabina Spielrein darstellt, dann ist das eine Idealperformance wie man Besitzerin der goldenen Zitrone werden kann.
Ein Glück, dass Fräulein Spielrein im Lauf des Films "Eine dunkle Begierde" immer mehr Genesung erfährt und somit auch Keira Knightley wieder eine bessere Darstellung abgibt.
Cronenbergs "Eine dunkle Begierde" wird sicherlich die Fangemeinde des kanadischen Regisseurs spalten, am zutreffendsten mag vielleicht der Begriff "Alterswerk" sein, denn dem Film fehlt zwar nicht Cronenbergs Lieblingsthema "Körper", aber er handelt diesmal sehr ruhig, gemächlich und dialoglastig ab.
Der Film beginnt im Jahr 1904, die jüdische Russin Sabina Spielrein (Keira Knightley) wird in die Burghölzli-Klinik in Zürich zwangseingeliefert. Der dort behandelte Arzt ist kein geringerer als der angsehene Psychiater Carl Gustav Jung, der die analytische Psychologie mitbegründet hat. Jung leitet dort als Oberarzt die Psychiatrie. Er soll der hysterischen Frau helfen. Dies versucht er erstmalig durch Gespräche und beginnt so die Psychoanalyse. Die Frau, die er behandelt ist eine echte Herausforderung - sie ist überdurchschnittlich intelligent, hat sich aber, wenn die Anfälle kommen, nicht mehr unter Kontrolle.
Irgendwann ist auch die Ehe von Jung mit der reichen Emma (Sarah Gadon) durch dessen Arbeit gefährdet, denn die Gespräche gehen zunehmend in den Bereich der Sexualität Sabina unterdrückt ihre masochistischen Neigungen. Nicht nur die Patienten setzt sich mit eingener Lust und Trieb auseinander, auch der Arzt gerät zunehmend mit seinem Verlangen in eine Krise. Als dann auch noch der kranke, neurotische Dr. Otto Gross (Vincent Cassel) als Patient auftaucht, wird dieser zum Gesprächspartner und rät dem Arzt seinen unterdrückten Gefühlen nachzugeben und das Leben auszukosten.
Das Schicksal nimmt seinen Lauf, einige Zeit später reist Jung nach Wien, dort lernt er endlich den Vater der Psychoanalyse Dr. Sigmund Freud (Viggo Mortensen) kennen. Eine jahrelnage Bindung entsteht...

Cronenberg liefert hier einen sehr gut bebilderten Kostümfilm ab, der inhaltlich die Anfänge der heutigen Psychiatrie skizziert.
Dabei reisen die beiden Ärzte zu einem Vortrag nach Amerika, Freud fragt dann seinen Kollegen, "ob die wissen, dass wir die Pest bringen".
Mit solchen Dialogen glänzt er Film an mancher Stelle, trotzdem wirkte die Arbeit auf mich sehr spröde, irgendwie kommt keine echte Lust rüber. Auch die Krankheit der Patientin wird nicht spannend erzählt, lediglich ein paar hysterische Overacting Sequenzen soll dem Zuschauer eine Authentizität vermitteln. Dies schafft der Film nicht besonders gut.
Gut dargestellt ist dafür wieder der ambivalente Jung, einerseits ein Spießbürger, andererseits auch beim Sex die Rolle des Täters, der schlägt, auslebend.
Noch etwas besser kommt Viggo Mortensen weg, der mit der Rolle des Sigmund Freud eine sehr gute Darstellung abliefert, die den Film dann doch noch zu einer interessanten Dreiecksgeschichte werden lässt, der Arzt und seine Patientin alleine wäre vermutlich extrem langweilig geworden.
Vorlage für den Film war das Theaterstück "Die Methode des britischen Autors Christopher Hampton". Der authentische Stoff um Sigmund Freud und C. G. Jung und die junge russische Hysterikerin Sabina Spielrein wurde auch in dem Dokumentarfilm "Ich hieß Sabina Spielrein" aus dem Jahr 2002 aufbereitet.
Nun hat Cronenberg im letzten Jahrzehnt nach einer Psychostudie (Spider) und zwei Thriller (A History of Violence, Eastern Promises) im Grunde genommen wieder zu seinem Lieblingsthema zurückgefunden, allerdings präsentiert er dies erstmalig in einem gepflegten Arthaus-Stil.
Bin gespannt, wohin seine künstlerische Reise weiter geht. Mir persönlich gefallen seine progressiven Werke "Die Unzertrennlichen", "Rabid", "Shivers" oder "Die Brut" doch um einiges besser. Genau dieser Biß fehlt mir bei dem dialoglastigen Film über Lust.
Bewertung: 7 von 10 Punkte.

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