Samstag, 8. Dezember 2012

Nur Pferden gibt man den Gnadenschuß



Regie: Sydney Pollack

Tanzen bis zum Umfallen...

Dance Marathon Contests, auch "Walkathons" genannt, waren in den 20er und 30er Jahren im Amerika ein extrem beliebtes, populäres zeitgeistiges Phänomen. Die konkurrierenden Paare tanzten für Hunderte von Stunden fast non-stop und die menschliche Belastbarkeit wurde sowohl psychisch als auch physisch massiv auf den Prüfstand gestellt.
Verlockend war das hohe Preisgeld und vor allem in den Jahren der Wirtschaftskrise die kostenlose Verpflegung während des Contests.
Das über Tage und Wochen dauernde Szenario spiegelte in dieser Zeit vielleicht sogar die Verzweiflung wider, die viele Amerikaner während dieser Depression erlitten.
Der Eintrittspreis von 25 Cent zahlten viele gerne, denn man konnte sehr schnell mit den Paaren mitfiebern.
Robert Syverton (Michael Sarrazin) erinnert sich vor dem riesigen Festzelt des bald beginnenden Tanzmarathons an ein Erlebnis aus seiner Kindheit. Sein geliebtes Pferd brach sich ein Bein, der Großvater erschoß dann vor den Augen des Kindes, das leidende Tier.
Nun beobachtet der junge Mann, der von einer Karriere als Filmregisseur träumt, die Schönheit des Pazifischen Ozeans auf dem Santa Monica Pier, dort in der Nähe von Los Angeles gehts im schäbigen La Monica Ballroom bald rund.
Rocky (Gig Young) ist eine Art Zeremonienmeister, Conferencier und Boss des Unternehmens. Er begutachtet mit seinen Kollegen Turkey (Al Lewis) und Rollo (Michael Conrad) die vielen gestrandeten Existenzen, die sich zum Marathon angemeldet haben.
Gloria (Jane Fonda) hat Pech, den ihr Partner wird aufgrund eines sonderbaren, ominösen Hustens bereits disqualifiziert. Was liegt näher als der jungen Frau einen neuen Partner zu liefern ? Rocky sieht den gaffenden Robert und schon ist der im Wettbewerb dabei.
Es geht um einen Geldpreis von 1.500 Dollar, auch ein Seemann mittleren Alters (Red Buttons) mit Partnerin ist dabei. Auch Alice (Susannah York), eine Möchtegern Jean Harlow mit ihrem Lover Joel (Robert Fields) könnten das Geld gut brauchen und manchmal sitzt im Publikum ein wichtiger Mann aus Hollywood. Beispielsweise Mervyn LeRoy, der mit "Little Caesar" gerade einen Welterfolg drehte.
Der verarmte Landarbeiter James (Bruce Dern) ist sogar mit seiner schwangeren Frau Ruby (Bonnie Bedelia) angereist.
Bald werden die ersten, schwächeren Paare ausgesiebt. Rocky versteht es gut, einige der Paare beim Publikum als "Lieblinge" zu verkaufen.
Doch mit dem Tanzen Non Stop werden sehr bald die Nerven aller Beteiligten strapaziert. Highlight fürs Publikum und gleichzeitig für die Teilnehmer der derbste Horror sind die immer wieder stattfindenden Derbys, in denen alle Teilnehmer, gekleidet in gesponsterten Trainingsanzügen, um die Tanzfläche herumrennen müssen, am Ende werden bei solch einem Derby jeweils drei der Paare eleminiert. Also rennen die Beteiligten förmlich um ihr Leben...

"Nur Pferden gibt man den Gnadenschuß" (im Original: They Shoot Horses, Don't They?) ist ein extrem düsteres und verstörendes amerikanisches Filmdrama von Sydney Pollack aus dem Jahr 1969. Die Handlung beruht auf dem gleichnamigen Roman von Horace McCoy aus dem Jahr 1935 - es ist gleichzeitig auch neben dem Spätwestern "Jeremiah Johnson" Pollacks bestes Werk.
Thematisch verwandt ist der Film aus der Zeit der Wirtschaftskrise mit dem Schlesinger Meisterwerk "Tag der Heuschrecke", beide Filme zeichnen das gleiche pessistimische Bild über die Qualen der menschlichen Existenz und beide Filme stellen der Realität eine Traumwelt gegenüber.
Gig Young gewann bei der Oscarverleihung 1970 in der Kategorie Bester Nebendarsteller. Die acht anderen Nominierungen waren: Jane Fonda, Susannah York, Sydney Pollack für die Beste Regie, die Drehbuchautoren James Poe und Robert E. Thompson für das Beste adaptierte Drehbuch sowie Beste Filmmusik, Bester Schnitt, Bestes Kostümdesign und Bestes Szenenbild.
Allerdings darf man alles andere als einen Wohlfühlfilm erwarten, Pollacks Werk ist durch und durch pessimistisch und niederschmetternd.
Für mich aber einer der besten Filme des ausgehenden 60er Jahre Kinos.

Bewertung: 10 von 10 Punkten.

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