Freitag, 7. Dezember 2012
Up in the Air
Regie: Jason Reitman
Über den Wolken...
Ryan Bingham (George Clooney) hat einen lukrativen, aber auch unbeliebten Job. Denn immer dann, wenn Chefs aus ihren Firmen Leute weg rationalisieren, aber nicht den Mumm haben, es den Leuten selbst zu sagen, tritt er auf. Seine Firma in Omaha, Nebraska feuert amerikaweit tausende von Leuten aus ihren Jobs und dieses Geschäft floriert. Bingham hat die richtige professionelle Einstellung, er gestaltet dieses s.g. letzte "auge um Auge" Gespräch bzw. diese Entlassung in eine ungewisse soziale Zukunft, sehr einfühlsam, aber dennoch eiskalt und unerbittlich. In der Regel wird die wahrscheinliche Arbeitslosigkeit noch mit einem mickrigen Abfindungsangebot und einer Zahlung von 3 Monatsgehältern "versüsst".
Seine Welt liegt daher sehr oft über den Wolken, denn von den 365 Tagen im Jahr, ist er lediglich 40 Tage zuhause in seiner Wohnung, wobei ihm diese Bleibe fremder erscheint, als die anonymen, austauschbaren Flughafenhotels. Er hat aber ein Ziel: Er sammelt Meilen und sein Ehrgeiz ist es, der siebte Mensch zu sein, dem es gelingt, die Zehn Millionen Meilen Grenze zu knacken. Er wäre somit Ehrenpassagier der Fluglinie und das würde auch heissen, dass er soviel Gepäck mitnehmen darf, wie er möchte. Wobei Ryan auch in Sachen Gepäck "leicht" und bequem reist, nur das Notwendigste - und all dies mit seinem zweckmässigen Trolley.
Auf eine dieser Reisen macht er Bekanntschaft mit der seelenverwandten Alex Goran (Vera Farniga), ebenfalls vielreisende Geschäftsfrau und ein weiterer erfolgreich agierender Globalplayer.
Auch sie ist wie Ryan irgendwie vorsichtig in Beziehungen und ist daher an einem "One Night Stand", dass wiederholt werden kann, nicht abgeneigt.
Ryans Firma hat auch einen neuen, kostensparenden Trend eingeschlagen: Durch das Konzept der aufstrebenden Karrierefrau Natalie Keener (Anna Kendrick) ist es rational und effektiver, die Entlassungen nicht mehr vor Ort zu zelebrieren, sondern - wie es sich für unsere neue, kalte Zeit gehört - bequem vom PC aus. Das würde bedeuten, dass sich Ryan, der bislang Reisende neu organisieren müsste. Und ausserdem soll er der neuen Mitarbeiterin in Sachen versierte Kundengespräche anlernen. Für den notorischen Einzelgänger eine echte Herausforderung...
Jason Reitmans neuer Film "Up in the Air" basiert auf dem Roman "Mr. Bingham sammelt Meilen" von Walter Kirn und ist in seiner ruhigen Art ein sehr böser Film.
Denn unser Held Bingham ist ein Feind von Bindungen an den Mitmenschen und hat auch den passenden Job der Stunde: Dabei setzt Reitman auf die Galligkeit dieser Entlassungsgespräche. Bingham verpackt diese elementare Nachricht in Floskeln eines amerikanischen Traums bzw. Alptraums. Besonders zynisch die Einflächtung, dass diese jetzt wahrgenommene schlimme Nachricht des Lebens zu einem Moment der Wiedergeburt werden könnte. Die Kamera zeigt dann diese unzähligen verzweifelten Gesichter, wie sie ungläubig schauen, wie gerade die Zerstörung ihrer Existenzgrundlage noch schöngeredet wird.
Auch sehr gut geglückt, sind die Darstellerleistungen. Angefangen bei Clooney selbst, der hier eine Paraderolle spielt. Einerseits kühl bis gefühlsimmun, andererseits sensibel und verletzlich - dies aber nicht sichtbar machen lassen will. Auch Vera Farmiga überzeugt. Die beiden klasse Schauspielerleistungen werden aber noch von Anna Kendrick getoppt, die als junger Mensch Mut genug hat, von der engagierten Karrierefrau, steil die Treppe emporsteigend, Mut genug hat, auch menschliche, seelische und charakterliche Stärken wieder wichtig zu nehmen.
Keine Frage: Jason Reitman hat einen schönen Film gemacht, der sogar für mich gewisse Parallelen zu manchem Werk mit Lubitsch (Rendezvous nach Ladenschluß) oder Wilder (Das Appartment) aufweist und der jetzt schon auf Klassikerkurs ist...
Bewertung: 9 von 10 Punkten
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